„Das ist der, von dem ich sagte: Nach mir kommt ein Mann, der vor mir gewesen ist; denn er war eher als ich.“ – Johannes 1,30
Jesus und Johannes der Täufer waren Cousins und durch die Umstände ihrer Geburten eng miteinander verbunden. Dennoch waren sie sich nie persönlich begegnet. Jesus hatte bis dahin in Nazareth, in Galiläa gelebt, Johannes in der Wüste von Judäa. Beide lebten abgeschieden in einer ganz anderen Umgebung und hatten keine Verbindung zueinander. Dies war Gottes Vorsehung, denn es sollte nicht der Eindruck entstehen, die beiden hätten sich zusammengetan, um sich gegenseitig zu bestätigen und in ihrem Anspruch zu unterstützen.
Johannes wusste um die Ereignisse, welche die Geburt von Christus begleitet hatten. Er hatte vom Besuch des jungen Jesus in Jerusalem gehört und darüber, was sich in der Schule der Rabbiner zugetragen hatte. Er wusste um das sündlose Leben von Jesus und glaubte, dass dieser der Messias sei, aber es fehlte ihm die letzte Gewissheit. Dass Jesus so viele Jahre im Verborgenen gelebt hatte, ohne einen besonderen Hinweis auf Seine Bestimmung zu geben, hatte Zweifel aufkommen lassen, ob Er wirklich der Verheißene sein konnte. Der Täufer aber wartete im Glauben geduldig darauf, dass Gott alles zu seiner Zeit klären werde. Es war ihm offenbart worden, dass sich der Messias von ihm taufen lassen werde. Dabei sollte ein Zeichen Seines göttlichen Wesens gegeben werden, das Johannes ermöglichen würde, den Messias dem Volk bekanntzumachen.
Als Jesus kam, um sich taufen zu lassen, erkannte Johannes bei Ihm eine charakterliche Reinheit, wie er sie bisher noch bei keinem Menschen wahrgenommen hatte. Die Ausstrahlung von Jesus war heilig und Ehrfurcht gebietend. Aus der Menschenmenge, die sich am Jordan um ihn versammelt hatte, hörte Johannes Berichte über schreckliche Verbrechen. Ihm begegneten Menschen, die von der Last ihrer zahllosen Sünden niedergedrückt waren. Doch noch nie war Er einem Menschen begegnet, von dem ein solch göttlicher Einfluss ausging. All das war in Übereinstimmung mit dem, was ihm über den Messias offenbart worden war. Und dennoch zögerte Johannes, der Bitte von Jesus nachzukommen. Wie konnte er als sündiger Mensch den Sündlosen taufen? Und warum sollte Er, der keine Umkehr nötig hatte, sich einer Handlung unterziehen, die ein Eingeständnis von Schuld war, die abgewaschen werden musste? — Sieg der Liebe, 91f
Zum Nachdenken: Johannes erkannte in Jesus eine einzigartige charakterliche Reinheit. Ist es mir möglich, wenigstens einen Bruchteil dieser Reinheit auch zu besitzen? Wie?