„Wer unter euch kann mich einer Sünde beschuldigen? Wenn ich aber die Wahrheit sage, warum glaubt ihr mir nicht?“ – Johannes 8,46

In Gedanken ging Jesus vom Untergang Jerusalems noch zu einem weiteren Gericht. In der Zerstörung der unbußfertigen Stadt sah Er ein Sinnbild für die endgültige Zerstörung, die über die Welt kommen wird. Daher fuhr Er fort: „Dann wird man anfangen, zu den Bergen zu sagen: Fallt über uns! und zu den Hügeln: Bedeckt uns! Denn wenn man dies mit dem grünen Holz tut, was wird mit dem dürren geschehen?“ (Lukas 23,30.31) Mit dem grünen Holz meinte Jesus sich selbst, den unschuldigen Erlöser. Gott ließ es zu, dass Sein Zorn gegen die Übertretung auf Seinen geliebten Sohn fiel. Jesus sollte für die Sünden der Menschen gekreuzigt werden. Wie viel Leid wird dann der Sünder tragen müssen, der in der Sünde verharrt? Alle Unbußfertigen und Ungläubigen werden ein Leid und ein Elend erfahren, das mit Worten nicht beschrieben werden kann.

Viele aus der Menge, die dem Erlöser nach Golgatha folgten, hatten ihn bei Seinem triumphalen Einzug in Jerusalem mit freudigen Hosianna-Rufen und wedelnden Palmzweigen begrüßt. Viele, die Ihn damals laut gepriesen hatten, weil alle es taten, stimmten jetzt leidenschaftlich mit ein in den Ruf: „Kreuzige ihn! Kreuzige ihn!“ (Lukas 23,21) Als Christus in Jerusalem einzog, hatten die Hoffnungen der Jünger ihren Höhepunkt erreicht. Sie hatten sich dicht an ihren Meister herangedrängt und die Verbundenheit zu ihrem Meister als große Ehre empfunden. Jetzt, wo Er gedemütigt wurde, folgten sie Ihm in einiger Entfernung. Sie waren tief bekümmert und bedrückt, weil ihre Hoffnungen enttäuscht worden waren. Wie hatten sich die Worte von Jesus doch bewahrheitet: „In dieser Nacht werdet ihr alle Ärgernis nehmen an mir. Denn es steht geschrieben (Sacharja 13,7): ‚Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden sich zerstreuen‘.“ (Matthäus 26,31)

Nachdem sie bei der Hinrichtungsstätte angekommen waren, wurden die Gefangenen an das Marterholz gebunden. Die beiden Diebe wanden sich in den Händen derer, die sie aufs Kreuz legten, doch Jesus leistete keinen Widerstand. Die Mutter von Jesus war, gestützt von Johannes, dem Lieblingsjünger, ihrem Sohn nach Golgatha gefolgt. Sie hatte mitangesehen, wie Er unter der Last des Kreuzes zusammenbrach. Sie hatte sich danach gesehnt, Sein verwundetes Haupt mit ihren Händen zu stützen und die Stirn, die einst an ihrer Brust geruht hatte, abzuwischen. Aber dieses traurige Vorrecht wurde ihr vorenthalten. Gemeinsam mit den Jüngern hoffte sie noch immer, Jesus werde Seine Macht offenbaren und sich aus den Händen Seiner Feinde befreien. Doch ihr Mut sank erneut, als sie sich an die Worte erinnerte, mit denen Er genau die Ereignisse vorausgesagt hatte, die jetzt geschahen.  — Sieg der Liebe, 724f

Zum Nachdenken: Wie behandle ich einen geliebten Menschen, wenn er mir wehtut?