„Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht an mir bleibt.“  – Johannes 15,4

Johannes’ Zuneigung für seinen Meister war mehr als menschliche Freundschaft. Es war die Liebe eines reuigen Sünders, dem bewusst war, dass das kostbare Blut Christi ihn freigekauft hatte. Im Dienst für seinen Herrn zu arbeiten und zu leiden, betrachtete er als höchste Ehre. Seine Liebe zu Jesus führte ihn dazu, alle zu lieben, für die Er starb. Sein Glaube war praktisch. Er kam zu dem Schluss, dass Liebe zu Gott sich in Liebe zu Seinen Kindern zeigt. Immer wieder hörte man ihn sagen: „Geliebte, wenn Gott uns so geliebt hat, sind auch wir schuldig, einander zu lieben.“ (1. Johannes 4,11) „Wir lieben ihn, weil er uns zuerst geliebt hat. Wenn jemand sagt: ‚Ich liebe Gott‘, und hasst doch seinen Bruder, so ist er ein Lügner; denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann der Gott lieben, den er nicht sieht?“ (V. 19.20) Und der Apostel lebte, was er lehrte. Die in seinem Herzen glühende Liebe zu Christus motivierte ihn, sich entschlossen und unermüdlich für seine Mitmenschen einzusetzen, besonders für seine Brüder in der christlichen Gemeinde. Er war ein vollmächtiger Prediger, feurig und tiefernst, und seine Worte waren gewichtig und überzeugend.

Die vertrauensvolle Liebe und selbstlose Hingabe im Leben und Charakter von Johannes enthält unsagbar wertvolle Lehren für die Gemeinde. Manche mögen sagen, er sei einfach sehr liebevoll veranlagt gewesen, auch ohne Gottes Gnade. Tatsächlich aber hatte Johannes von Natur aus schwere Charaktermängel: Er war stolz und ehrgeizig und nahm es schnell übel, wenn er zurückgesetzt oder verletzt wurde.

Dass Johannes so tief und innig an seinem Meister hing, war nicht der Grund für Christi Liebe zu ihm, sondern die Auswirkung dieser Liebe. Johannes wollte wie Jesus werden, und unter dem neuschaffenden Einfluss der Liebe Christi wurde er sanftmütig und von Herzen demütig. Sein Ich verschwand in Jesus. Er war eng vereint mit dem lebendigen Weinstock und wurde so zum Teilhaber der göttlichen Natur. Gemeinschaft mit Christus wird immer zu diesem Ergebnis führen. Das ist wahre Heiligung.

Ein Mensch mag deutliche Charakterfehler haben und von Launen, Reizbarkeit, Neid und Eifersucht beherrscht sein. Wird er aber ein echter Jünger Jesu, wird die Kraft göttlicher Gnade ihn zu einem neuen Geschöpf machen. — Review and Herald, 15. Februar 1881

Zum Nachdenken: Habe ich Jesus heute die Erlaubnis gegeben, meine Charaktermängel zu korrigieren und mein Leben weiter umzuwandeln?