„Groß ist unser Herr und reich an Macht; sein Verstand ist unermesslich.“ – Psalm 147,5

Viele glauben, der Katholizismus sei unattraktiv und seine Gottesdienste eine stupide, eintönige Aneinanderreihung von Zeremonien. Aber das ist nicht der Fall. Obwohl der römische Glaube auf Irrtümern basiert, ist er doch keine plump zusammengeschusterte Fälschung. Die römisch-katholische Liturgie ist ein höchst beeindruckendes Geschehen. Eine üppige Ausstattung und feierliche Rituale fesseln die Sinne der Menschen und bringen Vernunft und Gewissen zum Schweigen. Der Anblick ist bezaubernd. Großartige Kirchen, imposante Prozessionen, goldene Altäre, edelsteinverzierte Schreine, feine Gemälde und edle Skulpturen sprechen die Liebe zum Schönen an. Auch das Ohr wird in den Bann gezogen. Die Musik ist einzigartig. Die vollen, vom tiefen Bass getragenen Orgelklänge füllen gemeinsam mit der Melodie vieler Stimmen die hohen Gewölbe und Säulengänge der großen Kathedralen und wecken im Zuhörer unweigerlich Bewunderung und Ehrfurcht.

Doch der ganze äußere Glanz und Prunk der Feier, der die eigentlichen Bedürfnisse sündenkranker Seelen völlig missachtet, ist nur ein Zeichen des inneren Verfalls. Christlicher Glaube hat solche Attraktionen nicht nötig. Im Licht des Kreuzes erscheint das echte Christentum so rein und schön, dass jeder äußere Schmuck von seinem wahren Wert nur ablenken würde. Es ist die Schönheit der Heiligkeit, ein sanfter und stiller Geist, den Gott so schätzt.

Ein ausgezeichneter Stil hat noch nichts mit einem reinen, noblen Geist zu tun. Das höchste Kunstverständnis und der kultivierteste Geschmack finden sich häufig bei vollkommen weltlichen und sinnlichen Personen. Satan gebraucht sie oft als Werkzeuge, damit Menschen vergessen, was ihre Seele wirklich braucht, und das kommende, ewige Leben aus den Augen verlieren; damit sie sich von ihrem grenzenlosen Helfer abwenden und nur noch für diese Welt leben.

Dem unerneuerten Herzen gefällt eine Religion der Äußerlichkeiten. Die Pracht und Feierlichkeit des katholischen Gottesdienstes besitzt eine verführerische, hypnotisierende Macht, von der sich viele täuschen lassen. Sie halten die römische Kirche für das Tor zum Himmel. Vor dem Einfluss dieser Kirche ist nur der sicher, dessen Füße fest auf dem Fundament der Wahrheit stehen und dessen Herz vom Geist Gottes erneuert ist. — Signs of the Times, 30. Juni 1898

Zum Nachdenken: Ist das Schöne im Leben mir eine Hilfe oder ein Hindernis, Gott zu sehen?