„O HERR, du Gott Israels! Es gibt keinen Gott, der dir gleich wäre, weder im Himmel noch auf Erden, der du den Bund und die Gnade bewahrst deinen Knechten, die mit ihrem ganzen Herzen vor dir wandeln.“ – 2. Chronik 6,14

Es war eine verlassene, gebirgige Gegend, ein Schlupfwinkel für wilde Tiere und ein Versteck für Räuber und Mörder. Einsam und schutzlos beugte sich Jakob in großer Not zur Erde. Es war Mitternacht. Alles, was ihm das Leben lebenswert machte, war von ihm getrennt – der Gefahr und dem Tod ausgesetzt. Am bittersten aber war der Gedanke, dass seine eigene Sünde diese unschuldigen Menschen in so große Gefahr gebracht hatte. Laut weinend betete er zu Gott.

Da legte sich plötzlich eine starke Hand auf ihn. Er dachte, ein Feind wolle ihm ans Leben. Er versuchte, sich dem Griff des Gegners zu entwinden. In der Dunkelheit rangen beide um die Oberhand. Keiner sprach ein Wort. Jakob setzte seine ganze Kraft ein und ließ in seinen Anstrengungen auch nicht einen Augenblick nach. Während er so um sein Leben kämpfte, überkam ihn ein starkes Schuldbewusstsein. Seine Sünden türmten sich vor ihm auf und wollten sich trennend zwischen ihn und Gott schieben. Aber in der höchsten Not erinnerte er sich an Gottes Verheißung, und von ganzem Herzen flehte er um dessen Gnade. Der Kampf dauerte bis zum Morgengrauen. Da legte der Fremde seinen Finger auf Jakobs Hüfte. Sofort war sie ausgerenkt und Jakob verkrüppelt.

Jetzt erkannte der Patriarch das Wesen seines Gegners und begriff, dass er mit einem himmlischen Boten gekämpft hatte. Darum hatte er trotz schier übermenschlicher Anstrengung den Sieg nicht erringen können. Es war Christus, „der Engel des Bundes“ (Maleachi 3,1), der sich selbst Jakob offenbarte. Der Patriarch war jetzt kampfunfähig und litt unter sehr heftigen Schmerzen, aber er wollte Ihn nicht entgleiten lassen. Reuig und gebrochen klammerte er sich an den Engel, „er weinte und bat ihn“ (Hosea 12,5), flehte um einen Segen. Jakob musste Gewissheit haben, dass ihm seine Sünde vergeben war. Auch die körperlichen Schmerzen konnten seine Gedanken nicht davon abbringen. Seine Entschlossenheit wurde nur noch größer, sein Glaube ernster und beharrlicher. Der Engel versuchte, sich zu befreien. Er drängte: „Lass mich los, denn die Morgenröte ist aufgegangen!“ Aber Jakob antwortete: „Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du hast mich vorher gesegnet.“ (1. Mose 32,27) Hätte daraus vermessenes Vertrauen gesprochen, wäre Jakob auf der Stelle getötet worden. Aber es war die Zuversicht eines Menschen, der sich seiner Unwürdigkeit bewusst ist und sich dennoch zuversichtlich auf die Treue Gottes, der Seinen Bund hält, verlässt.  — Wie alles begann, 178

Zum Nachdenken: Klammere ich mich an Gott, bis Er mich segnet, oder stehe ich in der Gefahr, zu früh aufzugeben?